Einer bleibt immer zurück

Der Apfelbaum vor dem Gasthaus Sternen blüht, und ich erinnere mich nicht, je zur Apfelblüte hier gewesen zu sein. Dabei bin ich so oft hier. Im Februar Schnee, im März Sonne, im April wieder Schnee, jetzt Blüten im Nebel. Sie schimmern etwas rosa, hauchzart. Ich denke, sie sollten da bleiben in ihrer blühenden Pracht, aber käme ich nächstes Wochenende, wären sie schon verblüht, als hätten sie nie ihre Schönheit offenbart, bevor sie, so die Blüten befruchtet wurden, sich hergeben würden, um die Äpfel zu tragen. Der Baum vor dem Fenster macht einen verwitterten Eindruck, fast könnte ich denken, er sei verwitwet, allein zurückgeblieben vor dem Gasthaus. Und ich muss denken: Einer bleibt immer zurück. Ich habe nie darüber nachgedacht, dass mein Vater Witwer wurde, als meine Mutter starb. Erst jetzt, als ich nach seinem Tod als Tochter zurückbleibe, wird mir klar, wie er damals zurückblieb.

Autorin: Maya M.

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