Unruhe und Gelassenheit – beides ist wertvoll

Wir zwei gehen manchmal sehr unterschiedlich mit Herausforde-rungen um. Während ich anspruchsvolle Situationen gut so nehmen kann, wie sie sind und eine tiefe innere Überzeugung habe, dass es gut kommt und wir einen guten Weg finden, machen Herausfor-derungen meine Frau unruhig. Sie braucht dann das Gespräch mit mir und anderen Menschen – auch mit Fachpersonen. Sie organisiert Hilfe und Unterstützung. Sie weibelt und macht. Währenddem ich der ruhige Pol bin, der sich im ersten Moment zurückziehen muss, um einen klaren Kopf zu bekommen und dann Schritt für Schritt geht, ist sie der unruhige Pol, der mit anderen Menschen reden muss, Hilfe organisiert, die Dinge geregelt haben will und Klarheit über den ganzen Weg aus der Herausforderung und nicht nur die nächsten Schritte haben will. Wir mussten lernen, mit diesem unterschiedlichen Verhalten einen guten Umgang zu finden, was nicht immer einfach ist, weil dies auch spannungsvoll ist. Als hilfreich erleben wir es, einander zu lassen, einander zuzuhören und ernst zu nehmen im Je-Anders-Sein und den Wert des je anderen Pols anzuerkennen, weil beide Verhaltensweisen ihre Bedeutung für einen guten Umgang mit Herausforderungen haben. Wir erleben auch, dass beide Pole auch ihre «Schattenseiten» haben, bei denen uns der je andere Pol hilft, wieder realistisch hinzuschauen: Der Gelassenheitspol kann manchmal allzu optimistisch sein, der Unruhepol allzu negativ. Dann tut uns die gegenseitige Wahrnehmung gut, wieder Boden unter die Füsse zu bekommen, um den nächsten Schritt zu gehen.

Aufgezeichnet von Matthias Koller Filliger

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