Ich finde es schön, ein kompetenter Partner zu sein. Ich weiss für mich, was mir meine Beziehung bedeutet, was mir der Mensch bedeutet, mit dem ich durchs Leben gehe. Dieser Mensch ist meine Frau, mehr noch: Es ist eben die Frau, mit der ich seit 37 Jahren durchs Leben gehe. Wenn ich die Zeit, die wir in derselben Schulklasse sassen – noch unverliebt – dazuzähle, sind es jetzt wohl vierzig Jahre. Und so lange ist es wohl her, dass ich ihr das erste Mal den Sitzplatz im Postauto reserviert habe.
Ein kompetenter Partner zu sein, heisst für mich, dass ich bei mir sein kann in der Beziehung. Ich sage, ohne Verbiegen und Unsicherheiten, was mir richtig scheint. Ich überlege mir nicht lange, was es für unsere Beziehung heisst, wenn ich dies oder jenes sage. Ich sage es so, wie ich es jedem andern Menschen auch sagen würde: Es stimmt so für mich, es ist, was ich denke, und ich weiss, dass es richtig ist und seinen Platz hat, dass ich es äussere. Wenn mir etwas unfair oder ungerecht erscheint, bringe ich es ruhig zur Sprache. Wenn meine Partnerin etwas anspricht, das aus ihrer Sicht nicht gut läuft, nehme ich es auf. Ich nehme mir die Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen, weil ich nicht will, dass zwischen uns unausgesprochene Schwierigkeiten liegen. Ich nehme teil am Leben meiner Partnerin. Es fällt mir leicht, in ihre Welten einzutauchen, ich höre gerne zu, bin gespannt, welches Bild sie mir von ihrer Angelegenheit vermittelt. Ich versuche sie zu unterstützen, es gelingt mir auch, weil ich weiss, wie wir im Gespräch zur Ruhe kommen und was dabei hilft, eine Schwierigkeit, einen Ärger, einen Stress auf der Arbeit anzusprechen und beiseitezulegen.
Die Welt, die ich mit meiner Frau teile, ist ein Teil meiner inneren Welt. Es mag sein, dass ich mit Freunden und Freundinnen gewisse Dinge intensiver teile und erlebe und dass ich mit ihnen Seiten von mir leben kann, die ich mit meiner Frau nicht teile. Mit ihr teile ich mein Zuhause, meine Rolle als Elternteil, meine Biografie als Mensch seit meiner Jugend mit Höhen und Tiefen. Ich kann, wo mir etwas zu nah und zu drängend wird, auch wieder Raum und Distanz aufbauen, und weiss doch: Das Wesentliche teilen wir. Die Liebe für unsere Kinder, das Eingebettetsein in unsere Familien, das Verwandt- und Verschwägertsein. Ich weiss auch, dass uns Ideen, Werte, Überzeugungen verbinden, die wir mit zwanzig Jahren ins Auge gefasst haben. Wir wollten ein grosses Paar sein, das einen grossen Lebensraum teilt – und wir sind es geworden.
Wir haben die Fähigkeit entwickelt, gemeinsame Ferien zu teilen, das Leben gross werden zu lassen.
Ich war nicht immer der kompetente Partner, der ich heute bin. Da war viel Werden, Suchen, Ringen, Verstrickung. Der Weg zur Entfaltung ist weit, und er geht nicht ohne Widerstände, weil man vieles einfach nicht willentlich steuern kann – es muss werden.
Autor: Ivo Knill