So oder so

Siena. Wärmende Herbstsonne. Ein gutes Glas Wein. Intime Gespräche. Sie fühlt sich so verbunden mit ihrem Mann wie schon lange nicht mehr. Und sie kann nach vielen Jahren des Schmerzes, kein Kind zu bekommen, zum ersten Mal ein überzeugtes und tiefes Ja sagen zum Weg als kinderloses Ehepaar. Dieses Leben ist nicht zweite Wahl. Es ist sehr gut so, es ist ein Geschenk, mit ihrem Mann das Leben zu zweit geniessen und gestalten zu können.
Ein Jahr später – es passierte wohl in Florenz – wird sie schwanger. Da ist keine Freude, sondern Fassungslosigkeit. Die Lebensform, die sie nach langem Ringen bejahen kann, wird auf den Kopf gestellt, durchkreuzt. Tränen, Ängste, Fragen. Nicht zuletzt an Gott, von dem sie sich hintergangen fühlt.
Doch heute ist das Kind ihr Glück und die Beziehung zu ihrem Mann hat eine neue Qualität erhalten: Zur Freude aneinander ist die Freude an der gemeinsamen Aufgabe gekommen. Sie freut sich auf weitere Italienreisen, zuerst noch zu dritt – oder auch wieder einmal nur mit ihrem Mann. So oder so: Sie ist dankbar für das, was ist.

Aufgezeichnet von Martin Blatter

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