Die herausfordernste Zeit in unserer Ehe war vor der Alzheimerdiagnose. Wir hatten oft Meinungsverschiedenheiten, weil meine Frau Absprachen in Frage stellte, die wir am Vortag zusammen entschieden hatten. «Aber du hast doch gestern noch gesagt…» Diesen Satz gebrauchte ich oft in dieser Zeit. Meine Frau kam dann eines Tages mit dem Wunsch, dass sie sich ärztlich abklären lassen will, weil irgendwas nicht mehr stimme mit ihr.
Als dann die Diagnose «Alzheimer» kam, war es ein grosses Erschrecken für uns beide. Wir lagen uns weinend in den Armen.
Und es war auch eine Befreiung, weil das für mich unverständliche Verhalten meiner Frau erklärbar wurde und einen Namen bekam. Meine Frau war krank und für mich war klar, dass ich ihr nun helfen und sie unterstützen muss und will. Diese Erkrankung hat uns noch näher zusammengebracht. Dazu beigetragen haben wir beide. Meine Frau war sehr dankbar für meine Unterstützung und hat mich auch aufgefordert, dass ich auch mir selber gut Sorge tragen soll. «Ich will nicht, dass du an mir zu Grunde gehst.»
Mir selber ist es in den sieben Jahren Begleitung bis zu ihrem Tod gelungen, mich nicht aufzureiben, weil ich mir sagte: Ich muss nicht alles selber machen. Ich darf mir auch Unterstützung holen und Menschen anfragen, die sich um meine Frau kümmern. Es ist mir zum Glück gelungen, mich von der Krankheit und vom Kümmern um meine Frau nicht erdrücken zu lassen. Anfangs zu Hause, später dann im Pflegeheim konnte ich ihr bis zu ihrem Tod ohne innere Widerstände zugewendet bleiben.
Aufgezeichnet von Matthias Koller Filliger