Es gäbe zwar viel zu sagen, über Jürg beispielsweise, über Steffen oder über Martin, Daniel oder Juri. Davon, wann es jeweils begann, kompliziert und mühsam zu werden, könnte ich erzählen. Doch davon muss ich nicht sprechen, eher will ich über die Zeit dazwischen sprechen, von damals, als ich aufhörte zu suchen. Ich nutzte die Zeit und plante mehrere Reisen, Reisen, die ich schon immer mal machen wollte, mit dem Schiff durch die griechische Inselwelt und eine Gruppenreise nach Indien. «Es geht nicht darum», habe ich mir gesagt, «um jeden Preis einen Partner zu haben.» Ich sei alleine vollständig, sagte ich mir. Mir ging es gut mit mir, ich genoss meine Freiheit, meine Zeit ganz nach meinem Geschmack planen zu können. Das strahlte ich wohl aus, denn ich wurde gefunden – von Christian.
Es entstand eine wunderbare Beziehung. Schliesslich heirateten wir. Vor zwei Jahren – nach vielen glücklichen Ehejahren – ist bei unserem gemeinsamen Hobby, dem Tangotanzen, jemand aufgetaucht, ein Mann, der wunderbar Tango tanzt. Ich tauche mit diesem Fremden in den Fluss der Musik ein, unsere Schritte, unsere Körper, Zeit und Raum lösen sich auf, drei Tänze lang oder vier. Und so kam es, wie es kommen musste. Als einmal bei einer Milonga weder seine Frau noch Christian anwesend waren, fragte er, ob wir uns zwei Stockwerke weiter oben auf der Treppe treffen wollten – um uns zu küssen. Ich willigte ein und dachte: «Dieses kleine Abenteuer lässt du dir jetzt nicht entgehen.» Er wünschte sich mehr, der AAppetizer hatte ihn wohl überzeugt. Er richtete extra einen E-Mail Account mit einem fiktiven Namen ein, damit er mit mir kommunizieren könnte, ohne dass es seine Frau mitbekommt. – Sehr kreativ. – Ich habe ihm gesagt, dass ich meinem Mann davon erzählen würde und transparent wäre. Das kam für ihn nicht infrage. Er wollte auf keinen Fall, dass seine Frau davon erfahren würde. Mein Bedürfnis war nicht so gross, dass sich unser Zusammensein körperlich intensivierte und entschied mich dagegen. Es war für mich eher ein Gedankenspiel, bei dem ich mich gefragt habe, ob ich das will und meine Antwort war: „Ach nee, das ist blöd in der Konstellation mit seiner Frau, die das nicht will.“
Aufgezeichnet von Jutta R.